WOHLSTAND Finanzielle Bildung eröffnet finanzielle Möglichkeiten

Würden Sie nur mit einem Luftgewehr bewaffnet auf eine Wildschweinjagd gehen? Damit Sie das besser für sich einordnen können, möchte ich Ihnen eine kurze Beschreibung über das Jagdziel geben. Ein männliches Wildschwein, der Keiler, besitzt eine Kopf-Rumpf-Länge von zwischen 140 bis 180 Zentimetern und erreicht ein maximales Kampfgewicht von bis zu 200 Kilogramm. Die Jagd auf einen ausgewachsenen Keiler erfordert vor allem Mut und Geschick, insbesondere wenn das Tier in die Enge getrieben, jedoch nicht tödlich verwundet wurde. In solch einer Situation schreckt der Keiler nicht davor zurück, mit seinen bis zu 30 Zentimeter langen Eckzähnen dem Menschen tödliche Verletzungen zuzufügen, um seine eigene Haut zu retten. Vermutlich verspüren Sie gerade, wenn Sie sich das Tier vor Ihrem inneren Auge vorstellen, einen gewissen Respekt vor der Natur und gegebenenfalls wird Ihnen sogar etwas mulmig. Daher gehe ich mal davon aus, dass Sie die weiter oben gestellte Frage mit einem „Nein“ beantworten würden. Eine unvorbereitete Begegnung mit einem 200 Kilogramm schweren Kraftpaket würde mit einer hohen Wahrscheinlichkeit für den Menschen tödlich ausgehen.
Doch was hat die Wildschweinjagd mit der finanziellen Bildung zu tun? Laut einer Umfrage von Statista zum Thema „Welche Möglichkeiten der Geldanlage nutzen Sie aktuell“ kam heraus, dass bei 42 Prozent der Befragten das Sparbuch auf Platz Nummer eins steht. Dabei handelt es sich um ein Finanzvehikel, das aktuell etwa 0,1 Prozent Rendite pro Jahr abwirft. Obwohl die meisten, wenn nicht sogar alle die weiter oben gestellte Frage aus Respekt und vermutlich auch etwas Angst vor dem Wildschwein mit Nein beantworten würden, heißt das, dass 42 Prozent der Deutschen weiterhin unvorbereitet in Richtung ihrer eigenen Altersarmut gehen, was bei vielen der Bundesbürger ebenfalls große Ängste bis hin zu Lähmungserscheinungen bezüglich der persönlichen finanziellen Situation aufkommen lässt. Ein heute 27 Jahre alter Arbeitnehmer, der mit 67 Jahren in Rente gehen möchte, kann nach dem aktuellen Rentenniveau zum Zeitpunkt seines Renteneintritts mit einer Rente in Höhe von 45 Prozent seines durchschnittlichen Lohns der nächsten 40 Jahre rechnen. Wenn er also in den kommenden 40 Jahren einen Durchschnittslohn von 3.300 Euro bezieht, wird er zukünftig eine Rente in Höhe von etwa 1.485 Euro erhalten. Damit wird er seinen Lebensstandard, der sich in den kommenden 40 Jahren aus durchschnittlich 3.300 Euro zusammensetzt, nicht ohne Weiteres halten können.
Anstatt sich jedoch finanziell weiterzubilden, gehen die Deutschen lieber den vermeintlich sicheren Weg: Sie nehmen die unterirdische Rendite von Sparbuch und Co. in Kauf, versuchen diese mit einer höheren Sparrate auszugleichen und hoffen darauf, dass die anderen es am Ende doch noch für sie richten werden, anstatt selbst die Verantwortung für ihren zukünftigen Wohlstand zu übernehmen. Die Ursache für dieses irrationale Verhalten ist am wahrscheinlichsten die mangelnde finanzielle Bildung der Bundesbürger. Doch was kann man von einer Investition in die persönliche finanzielle Bildung erwarten? Wird sie alles richten können? Und wird sie sich auszahlen? Zunächst einmal sorgt jede Art von Bildung dafür, dass man beginnt, die sich bietenden Möglichkeiten, die übrigens die ganze Zeit da sind, endlich wahrzunehmen. Als Beispiel habe ich Ihnen drei Fragen mitgebracht, anhand derer Sie feststellen können, ob Sie die sich Ihnen bietenden finanziellen Möglichkeiten für Wohlstand bereits nutzen oder nicht.

Der Immobilienkauf ist ein Beispiel, um Steuern in Wohlstand zu transformieren.

Drei Fragen

Schauen wir uns die erste und einfachste Frage an. Wissen Sie, wie sich Einkommen in Wohlstand transformieren lässt? Die Antwort auf diese Frage ist recht simpel: mittels langfristiger Investitionen in Vermögenswerte. Nehmen wir das Beispiel des aktuell 27- jährigen Arbeitnehmers von weiter oben. Unter Berücksichtigung einer durchschnittlichen jährlichen Inflation von etwa zwei Prozent wird seine Rentenlücke in 40 Jahren etwa 3.000 Euro pro Monat betragen. Mit anderen Worten, zu seiner monatlichen Rente von 1.485 Euro wird er monatlich weitere 3.000 Euro benötigen, um seinen Lebensstandard auch im Rentenalter zu halten. Seine durchschnittliche Lebenserwartung beträgt etwa 92 Jahre. Das heißt, dass er in den kommenden 40 Jahren ein Vermögen in Höhe von 900.000 Euro (= 3.000 Euro x 12 Monate x 25 Jahre) aufbauen muss, mit dem er seine Rentenlücke schließen kann. Wenn wir davon ausgehen, dass er seine Rentenlücke, wie die 42 Prozent der von statista.com befragten Bundesbürger, mit Hilfe eines Spar- bzw. Tagesgeldkontos schließen möchte und diese Finanzprodukte ein Prozent Rendite pro Jahr abwerfen (sehr fair gerechnet), dann muss er in den kommenden 40 Jahren jeden Monat 1.200 Euro von seinem Einkommen zurücklegen. Das ist viel Geld für jemanden, der aktuell etwa 2.000 Euro und zukünftig im Durchschnitt 3.300 Euro verdient.
Würde er sich jedoch finanziell weiterbilden und sich mit langfristigen Investitionen beschäftigen, dann würde er in Erfahrung bringen, dass zum Beispiel der DAX seit 1959 im Durchschnitt etwa sieben Prozent Rendite pro Jahr erzielt. Würde er dann mittels eines ETFs (Exchange Traded Fund) in den DAX investieren und ebenfalls eine Rendite von sieben Prozent pro Jahr erzielen, dann müsste er nur noch etwa 360 Euro im Monat investieren, um in den kommenden 40 Jahren ein Vermögen in Höhe von 900.000 Euro aufzubauen. Hätten Sie gewusst, dass man voll automatisiert mit einem überschaubaren Betrag von 360 Euro im Monat fast eine Million Euro anhäufen kann? Alles, was man dann noch mitbringen muss, ist ein wenig Geduld und Disziplin.

Gute Schulden, schlechte Schulden

Die zweite Frage ist schon etwas schwieriger. Wissen Sie, wie Sie Schulden in Wohlstand transformieren können? Ich denke, dass fast jeder von seinen Eltern den Satz „Mach keine Schulden“ mitbekommen hat. Was unsere Eltern damit meinten, war, dass wir keine Konsumschulden machen sollen. Denn jedes Mal, wenn wir Konsumschulden machen, leihen wir uns ein Stück von unserer Zukunft und holen sie in unsere Gegenwart. Mit anderen Worten, wir können uns aktuell etwas nicht leisten, also nehmen wir einfach einen Kredit auf und schon können wir es uns doch leisten. Was jedoch den wenigsten bewusst ist, ist, dass man sich durch dieses Vorgehen zukünftig immer weniger leisten werden wird, da man die Schulden, die man gemacht hat, auch wieder zurückzahlen muss, was in erster Linie zu Lasten des zukünftigen Einkommens gehen wird.
Doch es gibt noch eine andere Art von Schulden: „gute“ Schulden, wenn man so möchte. Gute Schulden sind Schulden, die nicht von uns selbst zurückgezahlt werden müssen. Solche Schulden können zum Beispiel für den Erwerb einer Immobilie, die man anschließend vermietet, aufgenommen werden. In diesem Fall trägt dann der Mieter sowohl die Zins- als auch die Tilgungslast und finanziert dadurch den Wohlstand des Investors. Ähnlich funktioniert das bei Unternehmen. Dort tragen letztlich die Kunden, die die Produkte des Unternehmens kaufen, auch die Schulden, denn ein Teil der Erlöse fließt in Form von Zinsen und Tilgung an die Gläubiger des Unternehmens. Mit anderen Worten, der Unternehmer und der Investor nutzen die Zeit und das Geld anderer Leute, um ihren Kunden Mehrwert zu bieten und gleichzeitig ihren persönlichen Wohlstand zu mehren. Kannten Sie die finanziellen Möglichkeiten einer Immobilie, insbesondere was das Abtragen des Darlehens durch den Mieter betrifft?

Die meisten Menschen wissen nicht, wie sie mithilfe von Investitionen auch Steuern sparen beziehungsweise die im Rahmen der Investition anfallenden Ausgaben in Wohlstand transformieren können. Daher lautet die dritte Frage wie folgt: Wissen Sie, wie Sie Steuern in Wohlstand transformieren können? Eines der besten Bespiele ist auch hier wieder die Immobilie. Der einfachste Fall: Sie kaufen eine Immobilie, die sie anschließend mindestens zehn Jahre lang vermieten. Wenn Sie die Immobilie nach Ablauf der zehn Jahre veräußern, so müssen Sie den realisierten Verkaufsgewinn nach der aktuellen Gesetzeslage in Deutschland nicht versteuern. Hier unterstützt der Staat die Immobilieninvestoren beim langfristigen Vermögensaufbau. Weiterhin kann sich insbesondere das Erwerbsjahr der Immobilie steuerlich für Sie als Immobilieninvestor lohnen. Wenn Sie die Immobilie zum Beispiel im Juni erwerben und sie erst noch durch Renovierungs- und Modernisierungsarbeiten in einen vermietbaren Zustand versetzt werden muss, dann können Sie als Investor gegebenenfalls davon profitieren, dass diese Investitionskosten die Einnahmen aus der Vermietung und Verpachtung im Erwerbsjahr deutlich übersteigen, wodurch sich ein negatives Saldo ergibt. Da sich die Immobilie in Ihrem Privatbesitz befindet, können Sie das negative Saldo auf Ihre Einkommensteuer aus nichtselbständiger Tätigkeit anrechnen lassen und dadurch eine entsprechende Steuerrückzahlung erwirken. Darüber hinaus können Sie auch Fahrt-, Unterkunfts- und Verpflegungskosten für die Besichtigung von potenziellen Kaufobjekten beziehungsweise von bereits in Ihrem Besitz befindlichen Objekten steuerlich geltend machen. Und wenn Sie sich dabei ein paar Tage Urlaub gönnen und sich in Ruhe den Standort Ihrer zukünftigen Immobilie anschauen, können Sie so das private mit dem geschäftlichen Anliegen verbinden. Hatten Sie das bereits auf Ihrem finanziellen Bildschirm?

Das sind nur ein paar der finanziellen Möglichkeiten, die sich ergeben, wenn man etwas Zeit und Geld in die persönliche finanzielle Bildung investiert. Sollte das aktuelle Rentensystem in Deutschland nicht reformiert werden, dann wird es uns mittel- bis langfristig ganz böse auf die Füße fallen und all diejenigen schmerzlich treffen, die ihre Hoffnung auf Cash (Sparguthaben) und nicht auf wahre Vermögenswerte, wie zum Beispiel Aktien und Immobilien, gesetzt haben.

 

Über den Autor:

Georg Redekop ist geschäftsführender Partner der Redekop & Partner KG und Fachautor für die Zeitschriften "Börse Online" und "€uro am Sonntag".