IFAIR Der Unterschied zwischen der Sanktionspolitik der USA und der EU sowie die aktualisierte EU-Blocking-Verordnung

Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die Anpassungsfähigkeit der jeweiligen restriktiven Maßnahmen, wie am Beispiel Myanmar/Burma deutlich wird: In diesem Fall dauerte die Lockerung einiger US-Sanktionen vier Jahre länger als die Aufhebung aller durch die EU auferlegten restriktiven Maßnahmen. Im Gegensatz zur EU, die gezielte Sanktionen vorzieht, um die Auswirkungen auf den unmittelbaren Urheber des falschen Verhaltens zu konzentrieren, sind US-Sanktionen im Allgemeinen breiter gefasst und in der Regel umfassender als die der EU. So wurden im Zusammenhang mit dem Konflikt in der Ostukraine 38 Organisationen von der EU sanktioniert – jedoch 428 von den USA. Zuletzt sind EU-Sanktionen und -Verordnungen nur für Unternehmen und Personen mit Bezug zur EU bindend, wohingegen US-Sekundärsanktionen auch extraterritoriale Auswirkungen nach sich ziehen. Infolgedessen erwarten die USA auch von Nicht-US-Bürgern und -Unternehmen die Einhaltung der Sanktionen und sie drohen mit Strafen, die von umfangreichen Strafzahlungen hin zum Verbot des Zugangs zu den US-Märkten reichen.

Gerade bei diesem letzten Punkt lohnt sich eine eingehende Betrachtung, da die EU mit der sogenannten „Blocking-Verordnung“ (Verordnung (EG) Nr. 2271/96 des Rates) eine Regulierungsmaßnahme geschaffen hat, mit der die extraterritorialen Auswirkungen von US-Sanktionen auf die Interessen von EU-Unternehmen abgemildert werden sollen.

Die Blocking-Verordnung wurde ursprünglich im Jahr 1996 mit dem Ziel angenommen, Schutz vor den Auswirkungen der extraterritorialen Anwendung der im Anhang der Verordnung aufgeführten Rechtsakte zu bieten. In diesem Sinne wurde die EU-Verordnung als Gegenmaßnahme zu den US-Sanktionen gegen den Iran, Libyen und Kuba konzipiert, mit denen den Interessen der EU geschadet wurde. Kurz nach dem einseitigen Rückzug der USA aus dem gemeinsamen umfassenden Aktionsplan (JCPOA) – der Atomvereinbarung mit dem Iran – und der Wiedereinführung von zuvor ausgesetzten Sanktionen hat die Europäische Kommission den Anhang der Blocking-Verordnung nun geändert. Die aktualisierte Verordnung trat am 7. August 2018 in Kraft. Wie in Artikel 5 der Verordnung aufgeführt, darf keine der in Artikel 11 der Verordnung aufgeführte Person „selbst oder durch einen Vertreter oder einen anderen Vermittler aktiv oder durch bewusste Unterlassung Forderungen oder Verboten, einschließlich Aufforderungen ausländischer Gerichte, nachkommen, die direkt oder indirekt auf den im Anhang aufgeführten Gesetzen oder den darauf beruhenden oder sich daraus ergebenden Maßnahmen beruhen oder sich daraus ergeben.“ Dies gilt für die Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, natürliche Personen, die in der EU ansässig sind, sowie für alle in der EU eingetragenen juristischen Personen.

Artikel 4 sieht zudem vor, dass unter die Verordnung fallende Entscheidungen von außergemeinschaftlichen Gerichten nicht vor Gerichten in der EU durchsetzbar sind. Jedes Unternehmen hat nach den Bestimmungen von Artikel 6 zudem „Anspruch auf Ersatz aller Schäden“, die sich aus den US-Sanktionen ergeben. Die Nichteinhaltung der EU-Blocking-Verordnung wird bestraft. Vor diesem Hintergrund stehen EU-Unternehmen nun vor der Entscheidung, entweder von den USA für die Nichteinhaltung von US-Sanktionen bestraft zu werden oder aber gegen die Blocking-Verordnung zu verstoßen und damit von der EU eine Geldstrafe auferlegt zu bekommen.

In der Zusammenfassung: Die EU-Blocking-Verordnung ist ein Versuch, die EU als unabhängigen Akteur im Bereich der Sanktionspolitik zu positionieren, und die Annahme der Verordnung sendet eine politische Botschaft an die US-Regierung. Gleichzeitig zeigt die Verordnung jedoch auch klar auf, dass der Handlungsspielraum der EU gegenüber den USA begrenzt ist.

Über den Autor:

Yunus Emre Ok studiert derzeit im Master Politikwissenschaft und Internationale Beziehungen an der Freien Universität Berlin und am King`s College London. Er absolvierte ein Praktikum am Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik in Hamburg sowie am Zentrum für Strategische Studien des türkischen Außenministeriums. Bei IFAIR ist der Autor für die Thinktank-Aktivitäten im Regionalbereich Osteuropa und Eurasien zuständig.