Politics & StandpointsIntelligentes Wassermangement

Melbourne, Sydney, Adelaide, Perth – Australiens Metropolen landen bei Rankings in Sachen Lebensqualität seit Jahren auf den vordersten Plätzen weltweit. Und das, obwohl Australien unter extremer Wasserknappheit zu leiden hat. Aber durch intelligentes Wassermanagement werden Wasser- und Abwassersysteme optimiert. Statt kostbaren Trinkwassers wird zum Bewässern öffentlicher Parks beispielsweise Servicewasser (Regenwasser und Brauchwasser) genutzt, um nur ein Beispiel zu nennen. Wie Australien mit der wertvollen Ressource Wasser umgeht, darüber hat das Diplomatische Magazin mit dem australischen Botschafter in Deutschland Philip Green gesprochen.


DM: Australien hat schon vor Jahren ein Wassermanagement eingeführt. Was ist darunter zu verstehen?
S.E. Philip Green: Nachhaltiges Wassermanagement ist ein dauerhafter Schwerpunkt für Australien. In den frühen 2000er Jahren reformierte die Regierung unser Wassermanagement, indem sie die Eigentumsrechte von Wasser- und Landrechten trennte. Die Schaffung eigenständiger Wasserrechte war ein entscheidender Schritt für unabhängige Wassermärkte. Damit ist sichergestellt, dass genügend Wasser an die Umwelt abgegeben wird und somit gesunde Flüsse, Feucht- und Überschwemmungsgebiete erhalten bleiben.
Seitdem behandeln die australischen Wassermanagement-Pläne unsere Wasserressourcen auf Basis individueller Einzugsgebiete und berücksichtigen eine Reihe von Aspekten, einschließlich dem des Klimawandels. Dieser Ansatz des integrierten Wassereinzugsgebietsmanagements unterstützt Maßnahmen wie Regenwassernutzung, Wiederverwendung/Wiederaufbereitung von Abwasser, Speicherung in Aquiferen und Rückgewinnung sowie Entsalzung. Diese Lösungen sind nun Teil der grundlegenden Wasserversorgungssysteme in Hauptstädten und an vielen kleinen regionalen Standorten. Sie schaffen widerstandsfähigere Städte und helfen, die Lebensqualität zu verbessern, indem sie den städtischen Wärmeinseleffekt reduzieren.


DM: Australien kennt extreme Dürre- und Hitzeperioden. Doch inzwischen gibt es Regionen, in denen es innerhalb der letzten 7 Jahre nur ein einziges Mal stark geregnet hat. Gleichzeitig wird noch immer der wasserintensive Baumwollanbau betrieben. Müsste da nicht die landwirtschaftliche Produktion umgestellt werden?
S.E. Philip Green: Die Einführung von Wassermärkten und Lizenzen bedeutet, dass australische Landwirte ihre Wasserrechte sehr schätzen und einen starken Anreiz sehen, Wasser effizient zu nutzen. In der gesamten landwirtschaftlichen Produktion verbessern australische Landwirte ständig ihre Praxis, um diese wassereffizienter und nachhaltiger zu machen. Die Landwirte sind auf Innovationen fokussiert: sie wählen jeweils die beste Pflanze für den Anbau in einem Jahr unter Berücksichtigung von jahreszeitlichen Bedingungen, Wasserpreisen und Rohstoffmärkten aus. Dies bedeutet, dass Wasser zu seiner höchsten Wertnutzung fließt. Die australische Baumwollproduktion ist beispielsweise, was Innovation angeht, eine Erfolgsgeschichte. Weltweit hat sie höchste Erträge und ist einer der wassersparendsten Produktionen. Die Wasserverbrauchseffizienz australischer Baumwollfarmer hat sich seit 1992 um 48 Prozent verbessert.


DM: Wirbelstürme, Waldbrände, das Verschwinden des Barrier Korallenriffs – Umweltschützer und Wissenschaftler sehen darin Symptome einer schleichenden Klimakatastrophe. Kein anderes westliches Land sei bereits so stark betroffen von den Folgen der Klimaveränderung wie Australien, sagen sie. Dennoch halte Australien an der Förderung der Kohle fest, obwohl fossile Brennstoffe nachweislich für die Erderwärmung verantwortlich seien.
S.E. Philip Green: Australien ist mit den verheerenden Auswirkungen des Klimawandels auf unsere Landschaft, Wirtschaft und Bevölkerung konfrontiert. Deshalb sind wir bei unseren Klimamaßnahmen ehrgeizig. Wir sind dem Pariser Abkommen voll verpflichtet sowie dem Erreichen von Netto- Null-Emissionen. Wir haben jedoch einen anderen Ansatz als andere, z.B. als Deutschland, und konzentrieren uns auf technologische Lösungen zur Dekarbonisierung. Und es funktioniert: seit 2005 hat Australien seine Pro-Kopf-Emissionen um mehr als das Doppelte des OECD Durchschnitts verringert. Es gibt noch viel mehr, was wir tun können, und im Rahmen des G7 Gipfels in Cornwall kündigte Premierminister Morrison eine Reihe von internationalen Partnerschaften für emissionsarme Technologien an, einschließlich eines weitreichenden Maßnahmenpakets mit Deutschland im Bereich des grünen Wasserstoffs. Hierbei wird deutsche Technologie mit australischem Energie- Know-How zusammengebracht zur Schaffung einer Versorgungskette, die den „Sonnenschein“ nach Deutschland liefert und beiden Ländern beim Übergang zu einer emissionsfreien Wasserstoff-Zukunft hilft.


DM: Wasser ist ein lukratives Handelsobjekt geworden. Wie stehen Sie dazu, dass mit Wassernutzungsrechten an der Börse spekuliert wird?
S.E. Philip Green: Unsere Wassermärkte sind international als Erfolgsgeschichte einer Wasserreform anerkannt. Ein Markt mit nun einem Jahresumsatz von 0,6-2,0 Milliarden Euro stellt sicher, dass das Wasser zu seinen wirtschaftlich produktivsten Verwendungszwecken fließt. Der Handel mit Wasser bedeutet Flexibilität für Wassernutzer und ermöglichte vielen Unternehmen, den Betrieb während der Millenniumsdürre in den 2000er Jahren und der jüngsten Dürre von 2017-2019 aufrechtzuerhalten.
Unsere Wasserpreise werden von den Marktkräften bestimmt wie z.B. Wasserverfügbarkeit, Klimabedingungen und Nachfrage nach verschiedenen landwirtschaftlichen Rohstoffen. Während unsere regionalen Regierungen für Wasserlizenzen und Handel zuständig sind, koordiniert die Regierung die Wirksamkeit der Wassermärkte. Dies beinhaltet, dass Wasser für die Grundbedürfnisse des Menschen zur Verfügung steht, also auch in den Wassermanagement-Plänen entsprechend geschützt ist, und für jeden zugänglich also als Trinkwasser, für Städte, Haushalte und Nutztiere.
 

Interview: Marie Wildermann