Politics & StandpointsDie Bundespressekonferenz

Bundespräsident, Bundeskanzler, Bundesministerien – fast alles, was mit „Bundes-“ beginnt, ist offizieller Bestandteil der Bundesrepublik. So könnte man auch glauben, die Bundespressekonferenz (BPK) habe etwas mit „Bundespresse“ zu tun. Das ist natürlich falsch. Eine Bundespresse gibt es nicht, die Bundespressekonferenz indes sehr wohl. Sie ist keine Bundeseinrichtung.

Sie ist ein Verein, ein unabhängiger Zusammenschluss von Journalisten, und zwar von speziellen, nämlich nur solchen, die hauptberuflich über Bundespolitik und Parlament berichten.

PARLAMENTSBERICHTERSTATTUNG
Die 900 Mitglieder sind allesamt Parlamentsberichterstatter, sie wählen einmal im Jahr den achtköpfigen Vorstand und finanzieren den Verein mit ihren Mitgliedsbeiträgen. Nur sie sowie die akkreditierten Auslandskorrespondenten vom Verein der Auslandspresse (VAP) haben den Zugang zu den Regierungspressekonferenzen, die jeden Montag, Mittwoch und Freitag stattfinden. Andere Journalisten können nur ausnahmsweise als Gast zugelassen werden, haben aber kein Fragerecht.

KULISSE FÜR TV-AUFSAGER
Die Regierungspressekonferenzen finden in dem Saal des Pressehauses statt, dessen blaue Rückwand von den Fernsehnachrichten bekannt ist. Auch die schwarze Treppe, die die Politiker, ihre Sprecher und die Journalisten zum Saal hinaufführt, ist beliebte Kulisse für TV-Aufsager. Was geschieht in der Bundespressekonferenz vor der blauen Wand? In der Mitte sitzt der Regierungssprecher, zurzeit Steffen Hebestreit, oder eine seiner Stellvertreterinnen. Zusätzlich sind alle Ministerien repräsentiert. Deren Pressesprecher sind auch dann anwesend, wenn kein aktuelles Thema ihres Ressorts in der Luft liegt. Für den Fall, dass doch irgendeine Frage auftaucht, stehen bzw. sitzen sie zur Verfügung.

INITIATIVE VON JOURNALISTEN
Der Regierungssprecher in der Mitte ist aber nicht Herr des Verfahrens. Hausherr und Moderator ist ein Vorstandsmitglied der Bundespressekonferenz, das den Regierungssprecher begrüßt, ihm das Wort erteilt und die Journalistenfragen moderiert. Diese Konstruktion ist weltweit einzigartig. Nicht die Politiker laden die Journalisten ein, sondern die Journalisten die Politiker.

MAL LANGWEILIG, MAL BRISANT
Manchmal sind diese Pressekonferenzen wirklich langweilig und unergiebig, weil die Pressesprecher immer vorsichtiger werden. Oft schweigen sie lieber, wenn auch wortreich. Oder sie sagen: „Dazu bin ich nicht sprechfähig.“ Oder: „Dazu haben wir keine Erkenntnisse.“ Oder: „Dem habe ich nichts hinzuzufügen.“ Aus solchen Formulierungen kann man keine Artikel machen. Es gibt freilich auch Pressetermine, wo der Saal elektrisch aufgeladen ist, die Spannung knistert, jedes Wort zählt und ein Pressesprecher mit Schweißflecken oder eine Kollegin mit Hautausschlag im Dekolleté signalisiert, wie höchst brisant ein Thema ist. Gelegentlich gibt es Kollegen, die dem Ruf der Institution nicht gerade nützlich sind, indem sie mit teilweise sonderbaren Fragen, die an Verschwörungstheorien oder Propagandaaufträge erinnern, die Geduld von Sprechern und Journalistenkollegen strapazieren. Dennoch ist die Bundespressekonferenz ein unverzichtbarer Bestandteil Deutschlands. Und darf nicht mit dem Bundespresseamt verwechselt werden.

Text Ewald König