Deutschlernen mit Shitstorm Warum Diplomaten am besten nur Englisch sprechen sollten

Deutsch zu lernen, wird überflüssiger und gefährlicher. Überflüssiger, weil die deutsche Sprache ohnehin von immer mehr Anglizismen aufgefressen wird. In manchen Sätzen dienen deutsche Vokabeln nur noch als Füllwörter zwischen den englischen Ausdrücken.

Und warum wird es gefährlicher? Früher lag die einzige Gefahr darin, einen grammatikalischen oder orthografischen Fehler zu machen. Heute steckt die Sprache voller anderer Fallen. Sprechen Sie politisch korrekt? Sprechen Sie gender-gerecht? Vegan? Sind Sie womöglich auch noch ein alternder weißer Mann? Sie werden es nie schaffen. Sie werden verzweifeln. Der nächste Shitstorm lauert. Bleiben Sie besser bei Englisch.

Beispiele gefällig? Was auf Englisch schlicht students heißt, dürfen Sie nicht einfach mit Studenten übersetzen. Das biologische Geschlecht (sexus) killt das grammatikalische Geschlecht (genus), mit dem der Plural beliebig Männlein und Weiblein und Diverse meinte. Auf Deutsch heißt students nunmehr entweder: Studentinnen und Studenten. Oder StudentInnen. Oder Student*innen. Oder Student_innen. Oder Student:innen. Oder Student/innen. Oder Student(inn)en. Oder Studierende.

Was auf Englisch schlicht employees heißt, ist auf Deutsch entweder: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Oder MitarbeiterInnen. Oder Mitarbeiter*innen. Oder Mitarbeiter_innen. Oder Mitarbeiter(innen). Oder Mitarbeiter:innen. Oder Mitarbeiter/innen. Oder Mitarbeitende. Wobei die Endung "-er" in Mitarbeiter schon wieder verdächtig ist, weil es die typisch männliche Form ist. Mitarbeiterin birgt also eine Zwitterform, indem das -in wie ein diskriminierendes Anhängsel an das -er aussieht. Konsequenterweise müsste es doch Mitarbeitin heißen.

Warten Sie nicht, bis das Gendern wieder vorüber geht. Es wird bleiben und sich vermehren. Die zunehmende Zahl von Lehrenden und Studierenden in Sachen Gender Studies an den deutschen Universitäten wird dafür sorgen. Auch wenn dort behauptet wird, Genderfragen rein wissenschaftlich zu betreiben, schimmert oft das Ideologische durch. Als ließen sich durch das Gendern Machtstrukturen ändern. Ganz schnell tappen Sie in die Falle und sehen sich in die rechte Ecke gestellt.

In der rechten Ecke finden Sie sich auch, wenn Sie im Restaurant ein Zigeunerschnitzel und zum Dessert einen Mohr im Hemd bestellen. Beides wunderbare Speisen, die eine ein Kalbsschnitzel mit Paprikasauce, Tomaten und Pilzen, die andere eine (aus meiner Heimat Österreich stammende) Süßspeise mit Schokoladenkuchen und Schlagsahne, bei deren Erwähnung mir das Wasser im Munde zusammenläuft – ohne jeden diskriminierenden oder rassistischen Beigeschmack. Ein Zigeunerschnitzel kann Sie gleich mehrfach entlarven. Erstens ist es nicht gendergerecht. Es müsste Zigeuner- und Zigeunerinnenschnitzel heißen. Zweitens ist es diskriminierend. Es müsste Sinti-und-Roma-Schnitzel heißen. Und drittens ist es nicht nur politisch, sondern auch kulinarisch inkorrekt. Sie outen sich damit als Fleischgenießer. Vegane Zigeunerschnitzel gibt es noch nicht.

Also: Was immer Sie auf Deutsch sagen, kann gegen Sie verwendet werden. Sparen Sie sich die Mühe. Bleiben Sie bei Englisch, wo der Plural nicht ideologisch aufgeladen ist, und genießen Sie die Anglizismen.

Über den Autor:

Ewald König ist Chefredakteur bei korrespondenten.tv, einem Projekt des Berliner Korrespondentenbüros.