Das Start-up Coboc Runter vom Gas, rauf aufs E-Bike

DM: Frau Horsch, wie läuft das Geschäft seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie?

Annalena Horsch, Managing Director

Annalena Horsch: Anfangs, im Zuge des Lockdowns, gab es natürlich auch bei uns ziemliche Beunruhigung. Schließlich setzen wir auf eine enge Partnerschaft mit dem Fachhandel, der seine Läden direkt zum Saisonbeginn geschlossen halten musste. Wir haben allerdings schnell reagiert und Prozesse digitalisiert. Insbesondere haben wir unseren Kunden online Interaktions- und Testmöglichkeiten angeboten, die hervorragend angenommen wurden. So haben wir die Zeit gut überbrückt und konnten die Kundenbeziehungen vertiefen beziehungsweise neue Interessenten gewinnen. Im Verlauf haben wir auch von der insgesamt gestiegenen Nachfrage im Markt profitiert. Trotz einiger Herausforderungen in der Supply Chain war es letztlich eine recht erfolgreiche Saison für Coboc.

Schauspieler und Coboc-Botschafter Jürgen Vogel

Wie lautet die Gründungsgeschichte hinter dem Namen „Coboc“?

Coboc steht für „coole E-Bikes“. Im Ernst: Hinter der Namensfindung steckt keine spektakuläre Geschichte. Wir haben nach einem passenden, gut klingenden Namen für unsere eigene Version des E-Bikes gesucht. 2011, in den Anfängen von Coboc, waren elektrifizierte Fahrräder rein funktional ausgerichtet, klobig und schwer. Das vollintegrierte 13,7-Kilo-eCycle, das wir 2013 präsentiert haben, hatte nichts davon. Als Physiker und als Teil der Fahrradkurier-Szene hatte unser Gründer-Duo den Anspruch, ein E-Bike zu bauen, das sie selbst gerne fahren würden. Daran hat sich bis heute nichts geändert, obwohl wir aus unserer Nische brettharter, schneller Räder herausgewachsen sind und immer breitere Zielgruppen ansprechen. Wir bleiben bei unserer DNA „slim. simple. sleek.“ – sprich, unsere Bikes zeichnen sich durch leichtes Gewicht, geradliniges Design und eine einfache Bedienung aus.

Was unterscheidet Coboc von anderen Fahrradherstellern?

In der Regel setzen die Hersteller von E-Bikes Antriebssysteme ein, die bereits am Markt erhältlich sind. Die Konsequenz ist, dass das Antriebssystem im Mittelpunkt steht und sich das E-Bike dessen Anforderungen, Einschränkungen und Form unterordnen muss. Bei uns ist das anders. Bei Coboc arbeiten Physiker und Elektrotechniker. Das Antriebssystem bauen wir speziell für unsere Bikes. Die Elektronik und Software sowie der Akku werden vollständig bei Coboc entwickelt. Diesen Technologievorsprung merkt und sieht man Coboc an und das macht uns einzigartig. Bei uns ist alles aus einem Guss, E-Bike und Antrieb verschmelzen zu einer Einheit.

E-Bikes sind doch eher etwas für ältere Menschen. Stimmen Sie dieser Aussage zu?

Zur Zeit unserer Anfänge, vor knapp zehn Jahren, ja. Heute durchläuft das E-Bike einen Imagewandel. Viele potenzielle Kunden waren der Meinung, dass E-Bikes erst interessant werden, wenn die Fitness fürs Fahrradfahren nicht mehr ausreicht. E-Bikes erinnerten an die Pionierzeit des Automobils. Damals baute man einen Motor und einen Tank auf eine Kutsche. Die grobe Funktion eines Autos war damit gegeben. Aber keiner hätte damals geahnt, wie ein modernes Auto aussehen kann. Unter dem Designaspekt ist die Entwicklung des E-Bikes deutlich vorangeschritten. Hier konnten wir Pionierarbeit leisten und sind stolz auf unseren durchaus signifikanten Beitrag zur Entwicklung von integrierten Lösungen und zur Verwebung von Form und Funktion. Erst diese Aspekte haben die Kategorie E-Bike für jüngere Zielgruppen attraktiv gemacht. Heute sind sie Produkte für Trendsetter – befeuert durch Treiber wie einem steigendem Nachhaltigkeitsbewusstsein, dem Interesse an einer zeitgemäßen innerstädtischen Mobilität oder einfach Fahrspaß.

Sind Ihre Bikes auch im Ausland erhältlich?

Ja, wir haben unser Vertriebsnetz in Europa peu à peu ausgebaut. Aktuell arbeiten wir mit Händlern im gesamten deutschsprachigen Raum, in den Benelux-Ländern, in Skandinavien sowie in Frankreich, Italien, England und Polen zusammen.

Immer häufiger gehen E-Bike und Smartphone Hand in Hand. Auch bei Ihnen?

Nützliche, sinnvolle Innovation steht bei uns im Vordergrund. Ein Coboc zu fahren, soll intuitiv, simpel und auch ohne Smartphone problemlos möglich sein. Das Handy kommt deshalb dort zum Einsatz, wo es auch einen echten Mehrwert bietet: bei der Feinjustierung des Motors, zur Erstellung individueller Fahrprofile, im Service-Kontakt. Wir aktualisieren unsere App regelmäßig und erweitern sie mit zusätzlichen praktischen Features. Aber nicht mit dem Anspruch, alle potenziell möglichen Funktionen in einer einzigen App abzudecken. Der Spaß und der Komfort unserer Kunden haben Priorität, und es geht ja immer noch ums Fahrradfahren.

Inwiefern achten Sie bei Coboc auf das Thema Nachhaltigkeit?

Durch schöne Produkte mit hoher Akzeptanz wird eine Mobilitätswende überhaupt erst möglich. E-Bikes bringen mehr Menschen aufs Fahrrad. Jüngst hat eine Studie in sieben europäischen Städten gezeigt, dass die durchschnittliche Fahrstrecke von Radfahrern durch den Elektroantrieb auf 9,4 Kilometer steigt, in manchen Gruppen hat sie sich damit fast verdoppelt. Das Einsatzspektrum erweitert sich und die Relevanz als Verkehrsmittel steigt.
Unser Anspruch ist es, diese Entwicklung zu begünstigen: Durch qualitativ hochwertige, langlebige Produkte mit einem guten Service. Bei uns gibt es keine Saisonmodelle, wir setzen auf lange Produktlebenszyklen. Aus diesem Grund entwickeln und montieren wir unsere E-Bikes auch komplett in Deutschland.

Begehrenswerte, sorgsam hergestellte Produkte sind die eine Seite. Eine fahrradfreundliche Infrastruktur ist die andere. Hier wäre weiterer Rückenwind von politscher Seite wünschenswert – durch stärkere Kaufanreize, durch den Ausbau von Radwegen, durch Regularien, die zu mehr Sicherheit für Radfahrer führen. Zu viele Menschen fühlen sich mit dem Fahrrad noch unsicher im Straßenverkehr. Gerade durch den Fahrradboom im Zuge der Corona-Pandemie hat sich der Handlungsbedarf nochmal deutlich erhöht.

Und welche Visionen haben Sie für die Zukunft?

Wir haben die Chance, ein deutsches Start-up mit hoher Technologiekompetenz am Weltmarkt bekannt und erfolgreich zu machen. Deshalb arbeiten wir daran, die Relevanz von E-Bikes für immer breitere Zielgruppen zu erhöhen. Begonnen haben wir mit agilen und harten E-Bikes für die Straße. Heute bietet unser Portfolio zudem komfortablere Bikes für Pendler sowie sportliche Modelle für den Fahrspaß abseits des Asphalts. Und auch künftig werden bei uns Produkte im Vordergrund stehen, die Funktionalität, Design und Fahrspaß in sich vereinen.

INTERVIEW Enrico Blasnik