Perspectives & VoicesDarf Facebook Accounts löschen?

Soziale Medien wie Facebook oder Twitter erfreuen sich seit Jahren großer Beliebtheit. Nie war es einfacher, mit Freunden und Bekannten in Kontakt zu bleiben. In Zeiten von Covid-19 und internationalen Reisebeschränkungen sind diese Plattformen manchmal die einzige Möglichkeit, sich mit im Ausland lebenden Freunden und Verwandten auszutauschen.

Oft ersetzen Facebook, Twitter und ähnliche Plattformen auch die tägliche Zeitungslektüre – ein ‚Like‘ an der richtigen Stelle, und schon werden einem viele Meldungen bequem im Newsfeed präsentiert. Seine Meinung kann man dazu auch unmittelbar kundtun. Die Anonymität des World Wide Web führt leider nicht selten dazu, dass sich die Nutzer im Ton vergreifen. Inzwischen kann schon eine andere Meinung zu heftigsten Beleidigungen führen.

HASS-KOMMENTARE

Kommentare und Beiträge, die sogenannte Hassrede enthalten, werden bei den meisten Plattformen gelöscht. Oft werden in der Folge auch die Konten der jeweiligen Nutzer zumindest zeitweilig, manchmal aber auch dauerhaft, gelöscht. Prominentestes Beispiel ist hier wohl der frühere US-Präsident Donald Trump, dessen Twitter-Konto gesperrt wurde.

NETZWERKDURCHSETZUNGSGESETZ

In Deutschland sind seit der Einführung des sogenannten Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) die Betreiber sozialer Medien verpflichtet, gegen Hassrede und andere strafbare Inhalte vorzugehen. So müssen etwa ‚offensichtlich rechtswidrige Inhalte‘ binnen 24 Stunden nach Eingang einer Beschwerde gelöscht werden, ‚sonst rechtswidrige Inhalte‘ innerhalb von sieben Tagen nach Eingang der Beschwerde. Nach dem Inkrafttreten des Gesetzes wurde mitunter kritisiert, es käme zu einem sogenannten „overblocking“, bei dem auch legale Beiträge gelöscht würden. Facebook informiert beispielsweise in seinen Nutzungsbedingungen über die Möglichkeit der Löschung von Beiträgen, die gegen die Gemeinschaftsstandards des Netzwerks verstoßen.

BGH-URTEIL

Im Juli 2021 legte jedoch der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in einem Urteil fest, dass allein die Information über die Möglichkeit der Beitragslöschung und Kontosperrung in den Nutzungsbedingungen nicht ausreicht. Die Nutzer müssen darüber hinaus auch immer eine Gelegenheit zur Stellungnahme bekommen.
Im konkreten Fall hatten zwei Personen geklagt, deren Beiträge als Hassrede klassifiziert und daraufhin gelöscht wurden. Zudem wurden beide Nutzerkonten vorübergehend gesperrt. Die Verfasser der streitgegenständlichen Beiträge klagten daraufhin auf erneute Freischaltung der Posts sowie auf zukünftige Unterlassung der erneuten Sperrung der Nutzerkonten. Die Karlsruher Richter gaben dem Klagebegehren teilweise statt und erklärten sowohl die Löschung der Beiträge als auch die Sperrung der Nutzerkonten für nicht rechtmäßig.

INFO ÜBER SPERRUNG

Die Nutzungsbedingungen von Facebook seien allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). AGB-Klauseln seien nur dann wirksam, wenn die Nutzer eines sozialen Netzwerks dadurch nicht unangemessen benachteiligt werden. In Fällen wie dem streitgegenständlichen sind wichtige Grundrechte wie etwa das Recht auf freie Meinungsäußerung betroffen. Daher legte das Gericht fest, dass betroffenen Nutzern zumindest nach der Löschung des Beitrags eine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden muss. Über eine beabsichtigte Sperrung des Nutzerkontos muss vorab informiert werden. Bis dahin hatte sich Facebook nicht dahingehend verpflichtet.

FAZIT

Die Betreiber sozialer Netzwerke wurden durch das NetzDG in eine besondere Verantwortung genommen. Über die Rechtswidrigkeit von Beiträgen haben eigentlich die Gerichte zu entscheiden – in oft langwierigen Verfahren. Erschwerend kommt hinzu, dass es sich bei der Meinungsfreiheit um eines der wichtigsten Grundrechte handelt. Dadurch, dass Nutzer nun die Möglichkeit zur Stellungnahme bekommen müssen, wurde zumindest ein zusätzliches Sicherheitsnetz eingebaut.

Text Béatrice Schütte