Business & Trends„Vom Tellerwäscher zum Millionär“

Was haben Geldanlage und Filmgeschäft gemeinsam? Sie leben von guten Geschichten. Ein Film wird zum Kassenschlager, wenn er eine überzeugende, zu Herzen gehende Handlung aufweist. So ähnlich ist es mit diversen Formen der Geldanlage. Nur steht da am Ende nicht zwangsläufig ein Happy End.

So war es auch bei einer Serie von Medienfonds. Um die Jahrtausendwende, und erst recht nach dem Platzen der Dotcom-Blase, fanden sie reißenden Absatz. Wohlgemerkt, das waren keine offenen Investmentfonds, die in börsengehandelte Wertpapiere investieren und dabei sehr transparent sind. Sondern es handelte sich um sogenannte geschlossene Fonds, eine Art unternehmerische Beteiligung. Für eine feste Laufzeit wird bei Anlegern das Geld für bestimmte Projekte eingesammelt. Bei Medienfonds ging es um Filmprojekte – von der Liebeskomödie bis zum spannenden Krimi.

Die Story:
Erst Steuern sparen, dann reich werden Wohlhabenden deutschen Anlegern wurden solche Medienfonds zuhauf verkauft. Die Story klang verlockend: Am Anfang verursacht ein Filmprojekt hohe Kosten, denn die Verfilmung eines guten Drehbuchs verschlingt Millionen. Wer das benötigte Geld im Rahmen einer unternehmerischen Beteiligung vorstreckte, den sollte der deutsche Fiskus mit einer attraktiven Steuerersparnis belohnen. Das Zauberwort hieß „Verlustzuweisung“.

Stupid German money
Anschließend würde der Film ein Vielfaches des Investments wieder einspielen, sodass zur Steuerersparnis auch noch ein fetter Gewinn kommen würde. Steuern sparen! Bei diesem Verkaufsargument zögerten deutsche Anleger nicht lange. Scharenweise investierten sie. Die Filmbranche nahm das Geld sehr gerne, auch wenn man sich nicht nur in Hollywood wunderte über die Leichtgläubigkeit der Medienfonds-Investoren. Das Wort vom „stupid German money“ machte die Runde. Es sollte sich – leider! – als wahr erweisen.

Kein Happy End
Bei der harmlosesten Variante der Medienund Filmfonds wurde einfach nie ein Gewinn erwirtschaftet. Die teuer gedrehten Filme wurden zum Flop statt zum erhofften Kassenschlager. In der verschärften Variante erkannten die Finanzämter die geltend gemachten Verluste zwar zunächst an, versagten aber nachträglich dann doch den Verlustabzug. Und schließlich gab es noch eine Reihe von Medienfonds, die von vornherein nur so getan hatten, als würden mit den Anlagegeldern Filme produziert.

Als der Schwindel aufflog …
In Wirklichkeit landete das Geld in den Taschen skrupelloser Geschäftemacher. Oder es wurden horrende Gebühren für die Fonds-Initiatoren einbehalten, sodass doch nur bescheidene Mittel in den Dreh flossen. Als der Schwindel aufflog, war die Empörung groß, und nicht nur die Fonds, sondern auch diverse Banken, die beim Vertrieb kräftig mitgeholfen hatten, sahen sich mit einer Flut von Schadenersatzklagen konfrontiert.

Die Lehren aus dem Debakel
Warum schreiben wir Ihnen das 20 bis 25 Jahre später? Weil die Geschichte, vom Tellerwäscher zum Millionär zu werden, bei der Vermarktung dubioser Geldanlagen immer noch bemüht wird. Glauben Sie sie lieber nicht, schon gar nicht, wenn sie gewürzt ist mit dem Märchen von der satten Steuerersparnis. Film- und Medienfonds mögen passé sein. Aber andere geschlossene Fonds, etwa zu Nachhaltigkeitsthemen, werden auch heute noch auf diese Weise an unbedarfte Privatanleger verkauft. Machen Sie nicht den Fehler, Geschichten wie aus der Traumfabrik mit der Realität zu verwechseln. Denn was zu schön ist, um wahr zu sein, ist in der Regel auch nicht wahr. Mit anderen Worten: Finger weg von undurchschaubaren geschlossenen Fonds!

TEXT Judith Engst und Rolf Morrien
 

AUTORIN: Judith Engst


Judith Engst, MBA, Jahrgang 1970, schreibt als Wirtschafts- und Finanzjournalistin vorwiegend Ratgebertexte. Sie hat mehrere Bücher zu den Themen Börse, Geldanlage, Recht & Steuern sowie Kommunikation verfasst, unter anderem „Geldanlage für Dummies“.

AUTOR: Rolf Morrien

Rolf Morrien, Jahrgang 1972, studierte in Münster und Wien Geschichte, Wirtschaft und Politik und absolvierte anschließend in Bonn eine Ausbildung zum Wirtschaftsjournalisten. Seit 2002 leitet er als Chefredakteur den Börsendienst „Der Depot-Optimierer“ (u.a. mit dem Schwerpunkt „Nachhaltige Investments“).