Auf der Tagesordnung der internationalen Gemeinschaft standen zahlreiche Herausforderungen: der schwelende Handelskonflikt zwischen den USA und China, aber auch im transatlantischen Bereich, außenpolitische Krisen wie die Lage am Persischen Golf und die Bekämpfung des Klimawandels. Diese Liste ließe sich fortsetzen. Während seines G20-Vorsitzes konzentrierte sich der Gastgeber Japan sinnvollerweise deshalb auf einige Schwerpunkte. Darunter waren die Themen Wirtschaftswachstum und der Abbau von Ungleichheiten, hochwertige Infrastruktur und Gesundheitssysteme, globale Herausforderungen wie Klimawandel und Plastikmüll in den Ozeanen, die digitale Wirtschaft und die Herausforderungen alternder Gesellschaften.

Gemeinsame Abschlusserklärung
Auch wenn das G20-Format in der deutschen Bevölkerung durch die Bilder aus Hamburg zunehmend einen schlechten Ruf genießt – die G20-Gipfel leisten wichtige Beiträge zur Lösung globaler Fragestellungen. Seit seiner Gründung 1999 hat das Forum der führenden Industrie- und Schwellenländer beachtliche Erfolge erzielt. Konkrete wirtschaftspolitische Maßnahmen dienten als Wegbereiter für weitergehende internationale Abkommen und geben Impulse für nationale Politikgestaltungen, die der ganzen Welt zugutekommen. So verhinderten 2008 konkrete Maßnahmen und ein koordiniertes Vorgehen der G20-Staaten eine Ausweitung der globalen Finanzkrise. Die Vereinbarungen, die auf den G20-Gipfeln getroffen werden, sind zwar nicht rechtlich bindend, ihre Signalwirkung sollte jedoch nicht unterschätzt werden. Gerade für uns in Deutschland ist das G20-Format relevant, weil wir als Exportnation und Verfechter des Multilateralismus in besonderer Weise von einer internationalen Abstimmung profitieren. Für unsere Wirtschaft ist entscheidend, ob der weltweite Handel protektionistisch geprägt oder frei und fair gestaltet ist.
Der informelle Charakter der Gespräche ermöglicht einen offenen Austausch der Staats- und Regierungschefs. Gerade die bilateralen Gespräche am Rande der Gipfel fördern das gegenseitige Verständnis für die jeweiligen nationalen Befindlichkeiten und Zwänge. Der G20-Gipfel bietet die Möglichkeit, innerhalb weniger Tage an einem Ort intensive Gespräche in hoher Dichte zu führen, für die andernfalls aufwändige Reisen geplant werden müssten. So kam Bundeskanzlerin Merkel am Rande des Gipfels mit Russlands Präsidenten Putin sowie dem türkischen Präsidenten Erdoğan zusammen. Hierbei ging es um die Lage in Syrien und die Unterstützung der EU für die über drei Millionen syrischen Flüchtlinge in der Türkei. Darüber hinaus verständigte man sich darauf, das sogenannte Istanbul-Format – also Erdoğan, Putin, Macron und Merkel – fortzusetzen. Beim Treffen der Bundeskanzlerin mit dem US-amerikanischen Präsidenten Trump standen eine Reihe internationaler Konflikte im Mittelpunkt – die Entwicklungen in Libyen und in den Ländern der Sahelregion, die Lage in der Ostukraine, das bröckelnde Abkommen mit dem Iran und die europäisch-amerikanischen Handelsbeziehungen. Auch Trump und der chinesische Staatspräsident Jinping kamen in einem Vieraugengespräch zusammen, um über die Handelsstreitigkeiten beider Länder zu sprechen.
Insgesamt fällt die Bilanz des G20-Gipfels in Osaka positiv aus. Nicht zuletzt auch deshalb, weil es bis zuletzt fraglich war, ob eine gemeinsame Abschlusserklärung verabschiedet werden kann. Trotz der großen Meinungsunterschiede konnten sich die G20-Staaten auf eine Erklärung einigen, die das Festhalten der 19 Signaturstaaten des Pariser Klimaabkommens (ohne die USA) an weitreichenden Klimaschutzzielen beinhaltet. Im Gegenzug wird den USA trotz des Ausstiegs aus dem Pariser Abkommen weiterhin ihre „führende Rolle bei der Reduzierung von CO2-Emissionen“ bescheinigt. Die Abschlusserklärung drückt auch die starke Verbundenheit der internationalen Gemeinschaft zum freien und fairen Handel aus. So bekräftigten die G20-Staaten ihre Unterstützung für die notwendige Reform der Welthandelsorganisation (WTO), um ihre Funktionen zu verbessern. Einen großen Erfolg erzielten die Staaten mit der Verabschiedung des Mercosur-Abkommens. Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den südamerikanischen Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay ebnet den Weg für die größte Freihandelszone der Welt.
Japan erweist sich als hervorragender Gastgeber
Japan präsentierte sich als hervorragender Gastgeber, der es verstand, die Besonderheiten der einzelnen Orte, in denen im Vorfeld und im Nachgang zum eigentlichen G20-Gipfel die Fachministertreffen stattfinden, herauszustellen und zu nutzen. So ist der Gipfelort Osaka ein innovatives Handelszentrum. Der Geist und die Bereitschaft, sich neuen Herausforderungen zu stellen, scheinen hier allgegenwärtig. Konsequenterweise wird Osaka auch die Weltausstellung Expo 2025 ausrichten. Nicht unerwähnt sollte bleiben, dass der G20-Gipfel in Osaka völlig ruhig und ohne gewaltsame Zusammenstöße von Demonstranten und Sicherheitskräften verlief, ganz im Gegensatz zum G20-Gipfel 2017 in Hamburg.
Bereits im Vorfeld des Gipfels hatte Japans Premierminister Shinzō Abe versucht, zwischen den unterschiedlichen Positionen der G20-Staaten zu vermitteln. So bereiste er mehrere EU-Hauptstädte, um die Europäer auf eine gemeinsame Linie beim Umgang mit China zu bringen. Auch Gespräche mit Russland, mit dem Japan ein schwieriges Verhältnis hat, fanden vor dem G20-Gipfel statt. Als positives Resultat der regen Pendeldiplomatie von Abe kann gewertet werden, dass die USA und China sich darauf einigen konnten, die Verhandlungen im Handelsstreit wieder aufzunehmen.
Mit der erstmaligen Ausrichtung des diesjährigen G20-Gipfels unterstreicht Japan einmal mehr, dass es sich aktiv und konstruktiv in die internationale Politik einbringen will. In diesem Bemühen ist Japan der stärkste Wertepartner Deutschlands in Asien. Beide Länder stehen auf einem festen gemeinsamen Fundament. Wir bekennen uns zum Freihandel, setzen gemeinsame Standards und stärken den Multilateralismus. Es bleibt dabei – Lösungen für globale Herausforderungen können wir nur gemeinsam finden. Osaka hat hierbei einen positiven Schritt Richtung Zukunft ermöglicht.
TEXT Mark Hauptmann