Im Jahr 2012 hatte die EU-Kommission den Import und Vertrieb von Lebens- und Futtermitteln mit einer bestimmten genetisch veränderten – und dadurch insekten- und herbizidresistenten – Sojabohnenart zugelassen. Die Zulassung gilt ausdrücklich nur für den Import und den Vertrieb, nicht für den Anbau. Insgesamt gibt es in der EU zurzeit etwa 60 Importzulassungen für genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel. Angebaut wird die streitgegenständliche Sojabohnenart in Südamerika. Über 60 Prozent des Bedarfs an pflanzlichen Proteinen in der EU, insbesondere Sojabohnen und Sojamehl, wird durch Importe gedeckt, und zwar aus Ländern, in denen überwiegend genetisch verändertes Soja angebaut wird.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hatte vor der Zulassung in einer wissenschaftlichen Stellungnahme dargelegt, dass es im Vergleich zu konventionellen Sojabohnen keine erhöhte Gefahr für die Umwelt und die Gesundheit von Mensch und Tier gebe. Bei der Bewirtschaftung solle jedoch insbesondere hinsichtlich der Verwendung von Glyphosat besondere Sorgfalt angewandt werden, sodass dessen Einfluss auf die Umwelt gleich oder geringer als beim konventionellen Soja-Anbau sei. Zudem solle die Entwicklung der Biodiversität in der Umgebung sowie die Entwicklung von eventuellen Resistenzen gegenüber Glyphosat bei Unkraut beobachtet werden, auch um neue wissenschaftliche Erkenntnisse gewinnen zu können.
Erneute Überprüfung der Zulassung
Kurz nach der Zulassung hatten die Rechtsmittelführerinnen bei der EU-Kommission eine erneute interne Überprüfung des Zulassungsbeschlusses beantragt. Dieser Antrag wurde abgelehnt, worauf die NGOs eine Nichtigkeitsklage erhoben. Die Rechtsmittelführerinnen argumentierten hingegen, die EU-Kommission habe vor der Zulassung die gesundheitliche Unbedenklichkeit nicht hinreichend geprüft. Die Feststellung einer weitgehenden Gleichartigkeit mit konventionellen Sojabohnen sei fehlerhaft, und außerdem hätte eine Überwachung der Auswirkungen auf die Gesundheit angeordnet werden müssen. Daher beantragten sie eine erneute Überprüfung der Zulassung. Bereits 2016 hatte das Europäische Gericht Erster Instanz (EuG) den Antrag zurückgewiesen. Nun hat auch der EuGH den Antrag auf erneute Überprüfung abgewiesen. Die Luxemburger Richter behielten die Argumentation des EuG aus 2016 bei, nach der NGOs alle tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte vorzubringen hätten, die erhebliche Zweifel an der Zulassung begründen können. Alle diese Gesichtspunkte müssten bereits beim Antrag auf interne Überprüfung angegeben werden.
Das Zulassungsverfahren für genetisch veränderte Organismen ist auf EU-Ebene seit 2003 durch die Verordnung über genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel geregelt. Zulassungsanträge müssen an die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten gerichtet werden. Die EFSA nimmt dann eine Risikobewertung vor, auf deren Grundlage dann die EU-Kommission über die Zulassung entscheidet. Im Falle einer Zulassung können aber die Mitgliedstaaten eigenständig entscheiden, ob sie den Anbau oder die Verwendung der jeweiligen genetisch veränderten Organismen in Lebens- und Futtermitteln auf ihrem Staatsgebiet gestatten wollen. Darüber hinaus besteht eine Kennzeichnungspflicht für genetisch verändertes Saatgut, Lebensmittel und verarbeitete Lebensmittel, die aus genetisch veränderten Organismen hergestellt wurden. Lebensmittel mit genetisch veränderten Zutaten sind in der EU außerdem nur in begrenztem Umfang auf dem Markt.
Über die Autorin:
Dr. Béatrice Schütte studierte Jura in Hamburg und Bordeaux. Ihre Promotion schloss sie an der Universität Aarhus im Jahr 2014 ab. Ihre Hauptforschungsschwerpunkte sind Rechtsvergleichung, Haftungsrecht, Internationales Privatrecht und EU-Recht. Außerdem liebt sie Fremdsprachen.